Verwaltung und Demokratieverständnis?

Stellen wir uns einfach mal vor, dass die Verwaltung für die Ratsmitglieder einen nichtöffentlichen Workshop zum Thema „Verkehrsentwicklungsplanung für die Stadt Langenhagen 2030“ organisiert sowie durchführt, damit über die Entwicklung unserer Stadt in der Zukunft diskutiert werden kann. 

Super, denken wir jetzt alle, so muss das sein. Jetzt kommt aber leider die große Enttäuschung, denn nach dem Demokratieverständnis der Verwaltung reicht es vollkommen aus, dass nur ein kleiner Teil, hier die Vertreter des Verkehrsausschusses als Diskutanten in diesem Workshop erwünscht und genehm sind. 

Über die Auslegung von Demokratie aber auch von Demokratieverständnis kann man ja durchaus streiten. Wenn die Verwaltung aber der Meinung ist, dass sie den Begriff „demokratisch“ selbstständig definieren kann, kommen dabei nicht nur seltsame Vorgänge, sondern auch ein schmaler Grat an möglicher Rechtmäßigkeit heraus, auf dem die Verwaltung dann wandelt.

Glauben Sie nicht?

Dann lesen Sie ruhig weiter, damit sie verstehen, dass in letzter Zeit gehäuft, „Geht wenn“ nur dann geht, wenn es seitens der Verwaltung und dem verantwortlichem Bürgermeister auch wirklich gewünscht ist.

Beginnen wir aber von vorne:

Gemäß Ratsinformationssystem fand am Montag, den 26.08.2019 ab 18:30 Uhr ein nichtöffentlicher Workshop statt. Hier: „1. Workshop zur Fortschreibung des Verkehrsentwicklungsplanes für die Stadt Langenhagen“.

Es ging und geht also, wie oben schon beschrieben, um die Verkehrsentwicklungsplanung und um das Gestalten unserer Stadt mit all seinen Zielen für das Jahr 2030 und darüber hinaus.

Fragen wie: „Wie wird der öffentliche Nahverkehr zukünftig aussehen und sich entwickeln?“ oder: „Wie werden sich Rad- und Verkehrswegenetze entwickeln und verlaufen?“. “ Wie sieht der Privatverkehr mit dem Auto aus?“ Was ist mit Rollern, Mietwagen, Stichwort: E-Mobilität etc. sowie vielen anderen Fragen, die es dabei zu diskutieren bzw. zu erörtern gilt, müssen dabei auf der Tagesordnung stehen.

Wir alle sind uns sicher einig, dass es sich hier also um ein sehr wichtiges Thema handelt und deswegen nehme ich als gewähltes Ratsmitglied an einem solchen Workshop natürlich teil. Nur wenn alle politischen Ausrichtungen und gewählten Mandatsträger an einer solchen Runde teilnehmen, kann eine Diskussion auch auf eine breite Basis gestellt werden. Gleichzeitig wird damit sichergestellt, dass wirklich alle Interessengruppen zumindest ansatzweise gleichberechtigt berücksichtigt werden.

Gesagt, getan, ich fahre ins Rathaus, um an diesem Workshop teilzunehmen und erlebe einen komisch anmutenden Vorgang seitens der Verwaltung.  

Schon beim Betreten des Ratssaals schweift mein Blick nach rechts zu den Zuschauerbänken und ich sehe dort eine gute Handvoll anderer Ratsmitglieder sitzen, welche miteinander diskutieren. In diesem Moment frage ich mich, warum die dort sitzen und nicht am großen Tisch in der Mitte.

Gleichzeitig werde ich angesprochen und erfahre, dass nur bestimmte Ratsmitglieder eingeladen waren und dieser 1. Workshop nur für die Mitglieder des Verkehrsausschusses vorgesehen war. Netterweise sagte die Dame dann aber noch, dass man wahrscheinlich als Zuschauer anwesend sein darf und dies gerade geklärt wird.

Und obwohl wir als Ratsmitglieder unerhörterweise zu einem nicht eingeladenen Workshop erschienen sind, durften wir dann als ZUSCHAUER auch bleiben. 

Die Sitzung beginnt und der Bürgermeister begrüßt die Anwesenden in der Mitte des Tisches und tut so, als wenn wir Ratsmitglieder im Zuschauerrang überhaupt nicht anwesend wären bzw. als wenn es überhaupt kein Problem in der derzeitigen Zusammensetzung gebe und es absolut normal ist, dass wir auf den Zuschauerstühlen sitzen. Im Anschluss wird dann der Ablauf des Workshops erklärt und plant als erstes eine kurze Vorstellungsrunde für die Beteiligten am Tisch.

Und jetzt passiert etwas, mit dem die Verwaltung wohl nicht gerechnet hatte, denn auch wenn man politisch durchaus unterschiedlicher Meinung sein kann, so kann es aber nicht sein, dass Ratsmitglieder von einem Workshop ausgeschlossen werden und dies geben einige der anwesenden Mitglieder des Rates in der Runde auch kund und äußern deutlich ihren Unmut.

Erklärungsversuche seitens der Verwaltung werden vorgetragen, man wollte die Runde nicht zu groß machen, wegen der eventuellen Unruhe und einigt sich dann doch darauf, dass es sich ja nur um eine 1. Vorbesprechung handelt und dass später im Verlauf weiterer Workshops natürlich alle Ratsmitglieder an der Debatte beteiligt werden.

Schlussendlich nutzen alle Erklärungsversuche seitens der Verwaltung nichts und wir Ratsmitglieder aus dem Zuschauerraum dürfen ebenfalls am großen Tisch Platz nehmen und uns am Workshop beteiligen.

Lieber Herr Bürgermeister, liebe Verwaltung, dass war mehr als nur ein Satz mit X.

Das hat nichts mehr mit Demokratie zu tun und mutet schon recht seltsam an, wenn man dabei berücksichtigt, dass damit von vorne herein mindestens 3 politische Vertretungen (WAL, FDP, die Linke) und eventuell auch die Unabhängigen ausgegrenzt wurden.

Mal ganz ehrlich: Es kann doch z.B. nicht sein, dass der ADFC zu diesem Workshop eingeladen wird (ja, weil im Verkehrausschuss sitzt) aber wesentliche Kräfte der gewählter Vertreter des Rates nicht mal eingeladen wurden, weil diese keine Ausschussmitglieder sind.

Abgesehen davon, dass alle bisherigen Workshops nicht nur sehr aufschlussreich und vielfältig waren, waren diese vor allem aber mit allen Fraktionen und Vertretern des Rates besetzt sowie überraschend strukturiert und ruhig.

Rechtlich wäre der weitere Ausschluss durchaus eine Beschwerde bei der Kommunalaufsicht wert gewesen, wenn die eingeladenen Ratsmitglieder die Situation nicht so deutlich gegenüber der Verwaltung geklärt und ihre Verärgerung vorgetragen hätten.

Was ist das eigentlich für ein seltsames Demokratieverständnis, wenn die Verwaltung der Meinung ist, dass der Ausschuss, in dem nicht alle Parteien und Fraktionen vertreten sind, die Schwerpunkte setzt, über die dann der Rest der Ratsvertreter diskutieren und abstimmen darf.

Lieber Herr Bürgermeister, spätestens in dem persönlichen 4 Augen Gespräch vor Beginn des Workshops mit der Leitung des Workshops hätten Sie eingreifen und handeln müssen, indem Sie diesen Quatsch sofort untersagt hätten. 

Alleine die Meinung seitens der Verwaltung, dass ein nicht im Ausschuss vertretendes Ratsmitglied dann mit den befundenen Schwerpunkten des Verkehrsausschusses aus einem Workshop nach dem Motto: Friss oder stirb, leben soll oder muss, ist eine Farce.

Ich persönlich und wir als WAL hätten nicht gedacht, dass man den Begriff Workshop der Verwaltung und Ihnen als Bürgermeister erst noch einmal erklären und darlegen muss, damit der Teilnehmerkreis deutlicher wird. 

Ist es in den bisherigen Workshops nicht eher so gewesen, dass die Grobplanung bzw. die Themengebiete durch den Rat gesetzt wurden und danach hat der Fachausschuss, diese weiter thematisiert und mögliche Beschlüsse weiter verfeinert oder Prioritäten erarbeitet und vorgeschlagen, über welche dann abgestimmt wurde?

Herr Bürgermeister, wir sagen es selten aber da ist Ihnen das Demokratieverständnis mehr als entglitten und das war kein: „Geht wenn“ und die Verantwortung für solche Vorgänge ist nun mal unteilbar und fällt in ihren Zuständigkeitsbereich.

Sollten Sie aus diesem Lehrstück der Demokratie jedoch nichts gelernt haben, können Sie sich sicher sein, dass wir als WAL Sie auch zukünftig deutlich daran erinnern werden. Was die Verwaltung von ihren Bürgerinnen und Bürgern fordert, muss man sie natürlich in ihrem Aufgabenbereich auch selbst erbringen. Umgangssprachlich nennt man dies Vorbildfunktion.